24.10.2023 | Bericht
Sebastian Ohneseit – ASB
Heute in der Leitung: Sebastian Ohneseit. Er ist auf dem Siegerbild aus Karlsruhe zu sehen. Doch der eigentliche Held des Fotos hat vier Pfoten und eine absolut zuverlässige Spürnase: Australian Shepherd Paul, seines Zeichens Rettungshund. Herrchen und Rettungshundeführer Sebastian erzählt uns heute, was er beruflich macht, wie er zum Ehrenamt kam, warum die Arbeit in der Rettungshundestaffel etwas ganz Besonderes ist – und natürlich die Geschichte hinter dem Foto.
„Wenn ein Elektroauto brennt, bin ich – aus fachlicher Sicht – begeistert!“, so Sebastian, 28 Jahre jung, Diplom-Ingenieur für Maschinenbau und Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Karlsruher Institut für Technologie. Dort forscht er im Bereich angewandte Materialien zur Sicherheit und zum thermischen Durchgehen von Lithium-Ionen-Batterien und wie man dieses verhindern oder kontrollieren kann. Brände und Explosionen sind in seinem Berufsalltag also etwas ganz Natürliches. Doch mit Feuer kam er nicht erst als Ingenieur in Berührung. Bereits mit zehn Jahren trat er in die Jugendfeuerwehr ein. „Früher ging es leider nicht“, so Sebastian. Dieses Ehrenamt sei von Anfang an seine absolute Leidenschaft gewesen.
Die Liebe zu Hunden erwachte bei der Feuerwehr
Auch im Erwachsenenalter blieb er diesem treu. So war er während des Studiums in Kaiserslautern bei der Feuerwehr in der Innenstadt aktiv und sammelte dort Einsatzerfahrung. Die Feuerwehr brachte ihn auch mit seiner zweiten großen Leidenschaft in Berührung: die Arbeit mit Hunden. Sein erster Kontakt mit der Rettungshundestaffel fand während eines Sucheinsatzes als Feuerwehrmann statt: „Ich war sofort begeistert und wollte dort mitmachen!“ Leider ließen sich Hund und Studium schwerlich vereinbaren. Doch sobald Sebastian ins Berufsleben startete, machte er Nägel mit Köpfen und meldete sich bei der Rettungshundestaffel, um sich die Arbeit genauer anzuschauen – doch nach wie vor ohne Hund. „Normalerweise hat man erst den Hund und geht dann zur Rettungshundestaffel. Deshalb wurde ich zuerst komisch angeschaut. Doch ich wollte ja direkt den richtigen Hund für die Arbeit in der Staffel auswählen.“
Die Wahl fiel auf einen Australian Shepherd: Paul, der Held des Gewinnerfotos.
Der Hund schafft, was keine Technik kann
Doch bis Paul als Shootingstar glänzen sollte, war es ein langer Weg, den Hund und Herrchen gemeinsam gemeistert haben. In ganz Karlsruhe gibt es etwa ein Dutzend ausgebildete Rettungshunde. Zwei bis drei Jahre dauert die anspruchsvolle Ausbildung. Der Grund: „Der Hund muss funktionieren. Wenn wir sagen, der Waldabschnitt ist leer, dann sucht dort keiner mehr. Wir haben keinen Raum für Fehler. Wir verlassen uns auf die Nase der Hunde.“ Eine große Leistung der Tiere und so steht Paul ganz zu Recht im Mittelpunkt des Gewinnerfotos. Sebastian macht deutlich: „Rettungshunde retten Menschenleben. Unsere Hunde können etwas, das keine Technik kann. Das ist ein Einsatzmittel, das man nicht ersetzen kann.“
Hartes Training führt zum Ziel
Wer so viel Verantwortung trägt, muss natürlich auch fleißig trainieren. Wie genau sieht das Trainingspensum von Sebastian und Paul aus? „Mittwochabend trainieren wir ungefähr drei Stunden. Und samstags fünf bis sieben Stunden. Dazu kommt das private Training mit dem Hund zu Hause und die Verpflichtungen für den Bevölkerungsschutz. Sanitätsdienste, Lehrgänge für die Rettungshundearbeit und den Katastrophenschutz und natürlich Einsätze.“ 2020 ist Sebastian Rettungssanitäter geworden, 2022 Rettungshundeausbilder, im selben Jahr übernahm er auch die Leitung der Rettungshundestaffel. Doch wie genau funktioniert die Arbeit der Rettungshundestaffel? In welchen Bereichen werden die Hunde trainiert?
Sebastian berichtet: „Es gibt vier Sparten: Wassersuche, Mantrailing, Flächensuche und die Trümmersuche. Wir arbeiten in der Flächensuche, die meist in Wald und Wiese abläuft.“ Wird beispielsweise eine Person vermisst, wird die Rettungshundestaffel von der Polizei alarmiert und Suchgebiete werden festgelegt. „Und wir planen dann die am besten geeignete Taktik zum Absuchen für das Gebiet. Dabei muss neben der Topographie zum Beispiel auch die Windrichtung beachtet werden, da diese relevant für die Aufnahme der Witterung durch die Hunde ist. Der Hund hat in seiner Ausbildung gelernt, die für ihn sehr gut wahrnehmbaren Geruchspartikel, die jeder Mensch abgibt und die vom Wind verteilt werden, gezielt auszuarbeiten und zur Person hin zurück zu verfolgen.
Wie kam es zu dem eingereichten Foto?
Die Fotografie betreibt Sebastian als Hobby. Während seines Studiums hat er in Frankreich ein Fremdmodul zum Thema Fotografie belegt – und auch hier Feuer gefangen. Dabei lassen sich Hobby und Ehrenamt gut verbinden: „Wir nehmen regelmäßig die Kamera mit ins Feld. Einfach um unsere Arbeit zeigen zu können. Schließlich sind wir jede Woche viele Stunden im Wald. Da ist es oft einfacher, Freunden und Familie mit einem Bild zu erklären, was wir da eigentlich machen.“
Da Sebastian auf dem Gewinnerfoto als Hundeführer zu sehen ist, hat er das Bild nicht selbst aufgenommen: „Wir arbeiten in Training und Einsatz sehr eng mit der Rettungshundestaffel des Malteser Hilfsdiensts zusammen, eine Kooperation, von der beide Seiten profitieren. Wir unterstützen uns personell und können im Einsatz für die jeweils andere Organisation als Führungskräfte fungieren.
Im Rahmen dieser Zusammenarbeit bildeten wir ein Team des Malteser Hilfsdienstes in der Flächensuche aus. Ein Hundeführer, der in diesem Suchdurchgang als vermisste Person fungierte, hat das Bild aus dieser Perspektive aufgenommen.“ Er führt fort: „Ich wollte bei diesem Bild die ungewöhnliche Perspektive aus Sicht eines Geretteten zeigen, den Moment der Erlösung, wenn die Hilfe, hier die Einsatzkräfte von ASB und Malteser, eintreffen. Und scheinbar hat die Idee so überzeugt, dass wir es mit dem Bild ins Voting geschafft haben. Ein weiterer Beweis dafür, dass bei der Zusammenarbeit von Hilfsorganisationen richtig Gutes herauskommt.“
Die heiße Phase des Votings
Im Voting hat Sebastian sämtliche Social-Media-Kanäle zum Abstimmen motiviert. Und das Engagement hat sich ausgezahlt. Und zwar nicht nur, weil das Foto am Ende zu den Siegerfotos zählte. Die Aufmerksamkeit, die der Fotowettbewerb und das Voting generierten, wusste Sebastian für sich und seine tierischen Freunde zu nutzen. „Als es hieß, wir sind im Voting, habe ich sofort an die Öffentlichkeitsarbeit des ASB Karlsruhe geschrieben. Es wurde dann spannend: Plötzlich waren Geschäftsführer und weitere Hauptamtliche involviert und ich durfte von unserer Rettungshundestaffel berichten.“
Auf einmal richtete sich die geballte Aufmerksamkeit auf die Rettungshundearbeit. Neben dem ASB Karlsruhe hat der Landesverband einen Beitrag als Story auf Tik Tok gebracht, der Bundesverband hat einen Post auf seiner Instagramseite veröffentlicht. Sebastian blickt zufrieden auf die Erfolge des Fotowettbewerbs zurück: „Ich denke, dass wir mit dem Wettbewerb viele Menschen erreichen, für das Thema Bevölkerungsschutz interessieren und für eine besondere Facette davon sensibilisieren konnten.“
Kann jeder bei der Hundestaffel mitmachen?
Und was, wenn auf einmal ganz viele Menschen zur Rettungshundestaffel wollen? Ist das überhaupt etwas für alle? Grundsätzlich ja, findet Sebastian. „Man muss körperlich in der Lage sein, sich im Wald auch querfeldein gut bewegen zu können – und sich dabei nach Möglichkeit nicht verlaufen“, ergänzt er augenzwinkernd. „Die schwierigste Anforderung ist bei uns vermutlich der Zeitaufwand und die Arbeit mit dem Hund. Die Hunde merken sofort, wenn man nervös oder unausgeglichen ist – das kann die Arbeit deutlich erschweren.“ Zudem schaffe es nicht jeder, wöchentlich zehn Stunden und mehr für sein Ehrenamt aufzubringen. Doch es gibt bei der Rettungshundestaffel auch andere Aufgaben als die des Hundeführers. „Man kann bei uns auch als Helfer ohne Hund mitmachen, ganz wie es die eigene Zeit hergibt. Oder man unterstützt uns von technischer Seite. Wir finden für jeden Interessierten das passende Ehrenamt.“
Ein Ehrenamt für die ganze Familie
Dabei trifft auch auf Sebastian zu, was viele Ehrenamtliche berichten: Das Ehrenamt ist auch Familiensache. Seine Frau ist ebenfalls in der Staffel aktiv. So verbringen sie ihre freie gemeinsame Zeit häufig im Ehrenamt. „Wenn man Paul noch mitrechnet, ist die ganze Familie bei der Hundestaffel.“ Und auch die Staffelkollegen seien zu Freunden geworden. Dabei sei das Ehrenamt einfach eine ganz andere Welt als die Arbeit im Labor – und genau deshalb so bereichernd. Sebastian berichtet von einem nächtlichen Sucheinsatz im Sturm in der letzten Woche. Bei der intensiven Suche unter einem von Blitzen erleuchteten Himmel bleibt kein Platz für Alltagssorgen. Sebastian bekräftigt: „Da hat man keine Zeit, um über anstehende Vorträge oder Versuchsreihen nachzudenken, man ist voll konzentriert, um den Einsatzauftrag bestmöglich zu erfüllen.“ Neben dem Ausgleich zur Arbeit sei das Ehrenamt noch aus einem anderen Grund wertvoll: „Ein Blaulichtehrenamt hilft wirklich dabei, eine andere Perspektive zu entwickeln, Kompetenzen für das ganze Leben und Fachwissen zu erhalten.“ Und auf den Hund kann man dadurch auch kommen.
Sebastian und Paul sind mit ihrem Gewinnerbild in den Ausstellungen „Held:innen von nebenan – Ehrenamtliche im Porträt“ in Kiel, Koblenz und Chemnitz zu sehen.