12.05.2025 | Interviews
Das Projekt „Henry 2.0“ kombiniert innovative Technik mit nachhaltiger Energiegewinnung, um mobile Kühlmöglichkeiten für den Katastrophenschutz bereitzustellen. Gerade in Krisensituationen ist eine zuverlässige und umweltfreundliche Energieversorgung essenziell. In Zeiten des Klimawandels gewinnt dieser Aspekt zunehmend an Bedeutung. Für seine wegweisende Idee wurde das Projekt mit dem Förderpreis „Helfende Hand“ ausgezeichnet. Tobias Homann, langjähriges DRK-Mitglied und Mitinitiator von „Henry 2.0“, berichtet über die Entstehung, Herausforderungen und Zukunftspläne dieses besonderen Projekts.
Ein Ehrenamt mit Weitblick
Tobias Homann ist seit mehr als 26 Jahren ehrenamtlich beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) aktiv. Als Rettungssanitäter, Verbandsführer und in leitenden Positionen hat er zahlreiche Einsätze erlebt und mitgestaltet. Im Projekt „Henry 2.0“ ist er Teil des Teams um Projektleiterin Gina Lüers. Gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des DRK-Kreisverbandes Berlin Steglitz-Zehlendorf hat er das nachhaltige Verpflegungssystem ins Leben gerufen und umgesetzt.
Von der Idee zur Umsetzung
„Im Jahr 2022 hatten wir über eine Förderung der Berliner S-Bahn die Möglichkeit, einen alten Anhänger für die Ausgabe von Lebensmitteln umzubauen – die Projektidee ‚Henry‘ war geboren“, erinnert sich Tobias Homann. Doch erst während eines Großeinsatzes im Berliner Grunewald wurde die Notwendigkeit eines weiteren Anhängers zur Kühlketten-Sicherung offensichtlich.
„Die Idee einen weiteren Anhänger zur Kühlung von Lebensmitteln und Getränken umzubauen, entstand während des Brandes im Berliner Grunewald. Der Kreisverband Berlin Steglitz-Zehlendorf wurde beauftragt, die ca. 330 Einsatzkräfte von Feuerwehr, Polizei, Berliner Forsten usw. zu verpflegen. Aber bei Temperaturen weit über 30°C war die Einhaltung der Kühlkette für die Ehrenamtlichen eine große Herausforderung“, sagt Tobias Homann. So entstand die Idee von „Henry 2.0“ – einem klimafreundlichen Kühlanhänger, der einen Großteil seiner Energie selbst erzeugt. Dank einer DRK-internen Förderung konnte dieses Vorhaben finanziert und realisiert werden.
Nachhaltige Lösung für den Katastrophenschutz
„Henry 2.0“ stellt eine innovative und umweltfreundliche Ergänzung zu bestehenden Systemen dar. Der Anhänger kann autark arbeiten und ist weitgehend unabhängig von externer Stromversorgung. „‚Henry 2.0‘ verfügt über zwei Solarzellen und ein Windrad. Das macht den Anhänger anders und deutlich unabhängiger von der sonst nötigen Infrastruktur“, erklärt Tobias Homann. Insbesondere in Krisensituationen, in denen eine stabile Infrastruktur nicht gewährleistet werden kann, bietet dieses System entscheidende Vorteile.
Die Kombination aus Feldküche, Ausgabeanhänger und „Henry 2.0“ bildet ein in sich abgestimmtes Verpflegungssystem, das es ermöglicht, mehrere hundert Menschen effizient zu versorgen. „Natürlich brauchen wir für die Feldküche weiterhin Gas zum Kochen, aber die Beleuchtung, Kühlung und Kommunikation kann bei passenden Bedingungen durch die Solarzellen und das Windrad erfolgen“, so Tobias Homann. „Es bedarf daher z. B. keiner regelmäßigen Betankung von Stromerzeugern mehr.“
Herausforderungen und Lösungen
Ein zentraler Punkt bei der Umsetzung des Projekts war die Speicherung der erzeugten Energie. „Wie bei vielen Systemen ist das Speichern des erzeugten Stroms eine der größten Herausforderungen. Wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht, brauchen wir weiterhin Strom zur Kühlung“, erklärt Tobias Homann.
Sollte dennoch einmal ein Engpass entstehen, kann „Henry 2.0“ mit externem Strom gespeist werden, idealerweise aus erneuerbaren Quellen: „Für diesen Fall verfügt der Anhänger über zwei Batterien, die hoffentlich noch Energie vom Vortag gespeichert haben. Für den Notfall verfügt ‚Henry 2.0‘ aber auch über eine Möglichkeit, – hoffentlich grünen – Strom extern einzuspeisen.“
Bedeutung im Kontext des Klimawandels
Der Klimawandel führt zu immer häufigeren Extremwettereignissen, die den Katastrophenschutz zunehmend herausfordern. Nachhaltige Lösungen wie „Henry 2.0“ tragen dazu bei, nicht nur effektive Hilfe zu leisten, sondern auch die eigenen Emissionen zu reduzieren. „Wir alle sehen, dass der Klimawandel voranschreitet. Überschwemmungen wie im Ahrtal oder in Spanien, Brände wie in den USA, Südeuropa, aber auch in Sachsen zeigen uns auch vor der eigenen Haustür, dass es höchste Zeit ist zu handeln“, betont Tobias Homann. „In meinen Augen ist es da nur folgerichtig, dass auch die, die in solchen Fällen zu Hilfe eilen, ihren Beitrag leisten, die Ursache nicht noch zu verstärken.“
Tobias Homann sieht in diesem Ansatz große Zukunftspotenziale: „Wenn man ‚Henry 2.0‘ als Idee versteht, Komponenten bzw. technische Ressourcen klimafreundlicher zu gestalten, indem man auf regenerative Stromerzeugung setzt, dann sehe ich auf den Dächern aller Katastrophenschutz-LKWs in Zukunft Solarzellen.“
Auszeichnung mit dem Förderpreis „Helfende Hand“
Die innovative Idee und ihr nachhaltiger Ansatz wurden mit dem Förderpreis „Helfende Hand“ des Bundesministeriums des Innern und für Heimat ausgezeichnet. Für Tobias Homann und sein Team ist dies nicht nur eine große Anerkennung, sondern auch eine Möglichkeit, das Projekt weiterzuentwickeln. „Nach Innen ist der Förderpreis ‚Helfende Hand‘ eine enorme Wertschätzung der Ehrenamtlichen. Mir persönlich ist Wertschätzung im Ehrenamt sehr wichtig. In meinen Augen ist sie die Grundlage für erfolgreiches Wirken zum Wohle aller.“, sagt Tobias Homann. „Das Preisgeld bietet die Möglichkeit, die beiden Anhänger weiter auszubauen und unsere weiteren Ideen umzusetzen.“
Blick in die Zukunft
Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen. Der Einsatz von „Henry 2.0“ wird in der Praxis weiter erprobt, um Schwachstellen zu identifizieren und Verbesserungen vorzunehmen. Die Einsatzmöglichkeiten des Anhängers sind vielfältig: Ob bei großen Waldbränden, Stromausfällen oder geplanten Großveranstaltungen – das klimafreundliche Verpflegungssystem kann flexibel für die Versorgung von Einsatzkräften sowie betroffenen Bürgerinnen und Bürgern eingesetzt werden. Darüber hinaus trägt es dazu bei, das DRK als Akteur für nachhaltige Lösungen im Katastrophenschutz zu etablieren.
Appell an Organisationen und Freiwillige
Tobias Homann ist überzeugt, dass nachhaltige Lösungen im Katastrophenschutz in Zukunft eine noch größere Rolle spielen werden. Sein Rat an andere Organisationen: „Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Wenn in den Strukturen eine Idee entsteht, einen Bereich des Katastrophenschutzes nachhaltiger oder anderweitig besser zu machen, dann wird sich auch ein Weg finden, diese Idee umzusetzen.“
„Henry 2.0“ zeigt, wie innovative Technik und erneuerbare Energien zusammenwirken können, um den Katastrophenschutz nachhaltiger zu gestalten. In einer Welt, die zunehmend von klimatischen Herausforderungen geprägt ist, setzt das Projekt ein wichtiges Zeichen für zukunftsfähige Lösungen – und beweist, dass Ehrenamt und Umweltbewusstsein Hand in Hand gehen können.