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Im Interview mit Dirk Schwindenhammer Magazin

Unser heutiger Gesprächspartner: Dirk Schwindenhammer. Er war dabei, als die Freiwillige Feuerwehr und das Maschinenbauunternehmen Durwen aus Plaidt 2018 mit dem Förderpreis der „Helfenden Hand“ in der Kategorie „Unterstützung des Ehrenamtes“ ausgezeichnet wurden. Der Preis wird jedes Jahr vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) in mehreren Kategorien vergeben, um die verschiedenen Aspekte des Bevölkerungsschutzes hervorzuheben. Zeit nachzufragen, wie es dazu kam, was seitdem passiert ist – und was andere Feuerwehren von der Kooperation aus Rheinland-Pfalz lernen können.

Lieber Herr Schwindenhammer, Sie sind Wehrführer bei der Freiwilligen Feuerwehr in Plaidt. Was bedeutet das konkret?
Dirk Schwindenhammer: Dazu muss man wissen: Wir sind hier in Rheinland-Pfalz eine Verbandsgemeinde, die aus fünf Orten besteht. Die Verbandsgemeinde ist zuständig für die Feuerwehr und unterhält in jedem Ort eine Löscheinheit. Und jede dieser Einheiten hat einen „Chef“: Für die Feuerwehr Plaidt übernehme ich als Wehrführer dieses Amt. Mit 6.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind wir die größte Gemeinde in der Pellenz.

Als Chef müssen Sie auch dafür sorgen, dass genügend „Personal“ zur Verfügung steht. Doch das ist insbesondere in der Tagesbereitschaft schwierig. Warum?
Dirk Schwindenhammer: Dieses Thema betrifft alle Rettungsorganisationen. Früher haben die Leute häufig in einem Ort gelebt und gearbeitet. Inzwischen arbeiten sie meist nicht mehr dort, wo sie wohnen – und je weniger Unternehmen in einem Ort ansässig sind, desto drastischer ist die Lage natürlich. Durch diese Entwicklung hat man tagsüber immer Probleme, ausreichend Leute für Einsätze zur Verfügung zu haben. Dabei muss ich meine Einsatzbereitschaft 365 Tage, 24 Stunden am Tag sicherstellen – wir müssen innerhalb von zirka zehn Minuten wirksame Hilfe an der Einsatzstelle leisten. Dabei hat die Verbandsgemeinde die Pflicht, eine funktionierende Feuerwehr aufzustellen. Also mussten wir uns damals Gedanken machen, wie wir das weiterhin schaffen …

Und hier kommt die Idee mit der Firma Durwen ins Spiel!
Dirk Schwindenhammer: Zwei unserer Feuerwehrleute haben bei Durwen gearbeitet. Die Firma Durwen ist ein mittelständisches Familienunternehmen, das Anbaugeräte für Gabelstapler herstellt und weltweit vertreibt. Die Firma ist in den letzten Jahren stark gewachsen und hat inzwischen 260 Mitarbeitende. Die Kameraden sagten damals zu mir: „Mensch, unter den Mitarbeitenden gibt es doch auch Feuerwehrleute – die kommen zwar aus einem anderen Ort, aber eigentlich müsste man die doch mal fragen, ob die nicht tagsüber bei uns mitmachen wollen.“ Das hielt ich direkt für eine gute Idee und habe die beiden gebeten, einmal herumzufragen, wer Interesse hätte. Und dann kamen sie wieder auf mich zu und meinten, dass zehn Leute sich das vorstellen könnten!

Das sind ziemlich viele auf einen Schlag!
Dirk Schwindenhammer: Ja, die Idee klang zwar erstmal toll, aber das hat natürlich auch Auswirkungen auf die Firma, wenn auf einmal zehn Leute fehlen, weil sie zu einem Einsatz müssen. Ich habe mich dann an ein Konzept gemacht, wie das Ganze funktionieren könnte und direkt den Bürgermeister involviert. In dem Konzept steht natürlich auch, dass die Lohnkosten von der Verbandsgemeinde ersetzt werden – das ist gesetzlich vorgeschrieben. Dann haben wir den Geschäftsführer der Firma Durwen, Klaus Durwen, eingeladen, um ihm den Vorschlag zu unterbreiten. Der hat mit der Feuerwehr zwar gar nichts am Hut, hat aber trotzdem sofort gesagt, er fände das total toll und wäre dabei. Wir mussten gar nicht lange diskutieren, er war direkt mit an Bord!

Und wie sah die Umsetzung innerhalb der Firma aus?
Dirk Schwindenhammer: Einmal im Monat trainieren die Mitarbeitenden der Firma während der Arbeitszeit. Die Verbandsgemeinde hat sogar ein Mannschaftstransportfahrzeug dort stationiert, mit dem die Mitarbeitenden der Firma Durwen bei Einsätzen gesammelt zum Feuerwehrhaus fahren können. Interessant war außerdem, dass sich damals sogar Leute gemeldet haben, die gar nichts mit der Feuerwehr zu tun hatten. Das war eine tolle Sache. Die mussten natürlich erstmal eine Ausbildung durchlaufen, um mitmachen zu können. Aber das sind alles Leute, die heute noch aktiv dabei sind. Die ganze Geschichte hat also eine ganz tolle Entwicklung genommen – die bis heute anhält. Und es gibt auch den Aspekt, dass junge Menschen aufgrund der Feuerwehr auf die Firma Durwen aufmerksam geworden sind und dort ihre Ausbildung gemacht haben.

Also gibt es auch Vorteile für die Firma aus Ihrer Sicht?
Dirk Schwindenhammer: Natürlich muss man den administrativen und koordinativen Extra-Aufwand sehen, den die Firma betreibt. Aber dass Leute aufgrund der Feuerwehr zur Firma Durwen gekommen sind, war kein Einzelfall. Zudem profitiert die Firma auch davon, ausgebildete Feuerwehrleute, sprich ausgebildete Ersthelfer, im Team zu haben – betriebliche Ersthelfer sind schließlich Pflicht.

Würden Sie Ihr Vorgehen auch als Blaupause für andere Feuerwehren sehen – vielleicht insbesondere im ländlichen Raum?
Dirk Schwindenhammer: Ich würde sagen, das kommt immer darauf an – es kann funktionieren, muss aber nicht. Bei uns war es wirklich ein Glücksfall, dass alles so gut zusammengepasst hat. Der Bürgermeister hatte damals ein sehr offenes Ohr für die Belange der Feuerwehr und die Verbandsgemeinde trägt die Kosten für die Übungen im Betrieb und unser Mannschaftstransportfahrzeug, das ist auch nicht selbstverständlich.

Also braucht es für die Feuerwehren eher individuelle Lösungen?
Dirk Schwindenhammer: Mir ist wichtig zu betonen: Man muss einfach etwas tun, man muss sich etwas einfallen lassen! Wir haben in den letzten Jahren wirklich viel unternommen, und das nicht nur bei der Tagesbereitschaft. Zum Beispiel haben wir letztes Jahr eine Bambini-Gruppe für Kinder von 6 bis 10 Jahren gegründet. Vorher konnte man erst mit 10 Jahren bei der Jugendfeuerwehr anfangen. Zu diesem Zeitpunkt haben aber die meisten Kinder schon ein anderes Hobby und keine Zeit mehr für die Feuerwehr. Außerdem haben wir uns Gedanken über ein ordentliches Onboarding inklusive Informationsmappe gemacht. Hinzu kommt unser Buddy-System, damit die Neuen – wenn sie das denn möchten – ein wenig an die Hand genommen werden. Man muss sich einfach etwas einfallen lassen, um neue Menschen für die Feuerwehr zu gewinnen!

Bildnachweise: Dirk Schwindenhammer