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Reinschnuppern in den Zivil- und Katastrophenschutz – drei Gespräche über den Bundesfreiwilligendienst beim THW Magazin

Über den Bundesfreiwilligendienst (BFD) kann man sich in Deutschland ganz einfach für einen bestimmten Zeitraum für das Allgemeinwohl engagieren – zum Beispiel im Zivil- und Katastrophenschutz. Wie das beim Technischen Hilfswerk abläuft und was die Vorteile des BFD sind, darüber haben wir haben mit den ehemaligen Bufdis Laura Killemann und Christian Seiler sowie dem Bufdi-Koordinator Martin Kummer gesprochen.

Der Bundesfreiwilligendienst wurde im Juli 2011 eingeführt, nachdem die Wehrpflicht in Deutschland und der dazugehörige Zivildienst ausgesetzt worden waren. Einen BFD kann man daher an vielen Stellen absolvieren, an denen früher auch der Zivildienst möglich war. Er dauert in der Regel ungefähr 12 Monate und kann nach Abschluss der Pflichtschulzeit mit 15 oder 16 Jahren in jeder Lebensphase begonnen werden.

Ein Programm im Wachstum
Der Diplompädagoge Martin Kummer leitet das Sachgebiet Bundesfreiwilligendienst beim THW in Bamberg. Er arbeitet seit fünf Jahren mit Bufdis beim THW. Als er dort angefangen hat, war das Programm noch im Aufbau. „Vor meiner Zeit gab es in der Regionalstelle Bamberg nur maximal zwei Bufdis pro Jahr“, erinnert er sich, „inzwischen sind es im Schnitt 14-15“. Deutschlandweit gibt es beim THW pro Jahr inzwischen sogar etwa 800 Bufdis. Das Programm ist in den letzten Jahren also deutlich gewachsen. Auch die Betreuungssituation für die Bufdis habe sich durch die Erfahrung immer weiter verbessert, berichtet Kummer. Heute erwarten die Bufdis neben vielseitigen Aufgaben in der Regel auch eine enge Betreuung und zahlreiche Bildungsangebote.

Meist ist es der Wunsch nach Orientierung
Die Gründe, warum sich jemand für den Bundesfreiwilligendienst entscheidet, seien ganz vielfältig, berichtet Kummer. Meist sei es der Wunsch nach Orientierung nach der Schule. Die Jugendlichen seien nach der Schulzeit zunächst etwas überfordert mit den vielen Möglichkeiten, die sich ihnen böten und entschieden sich dann dafür, vor dem Studium oder der Ausbildung erst einmal eine Weile lang etwas ganz anderes zu machen – nicht gleich wieder lernen, sondern einmal ins Berufsleben hineinschnuppern – mit Arbeitszeiten, Pausen, Urlaub und definierten Aufgaben. Einige, so Kummer, kämen aber auch ganz gezielt zum THW, weil sie später einmal zur Berufsfeuerwehr, zur Polizei oder zur Bundeswehr möchten.

Erfahrungen im Berufsleben sammeln
Auch Laura Killemann hat sich nach der Schule für den BFD im THW-Landesverband von Sachsen und Thüringen entschieden, weil sie noch nicht genau wusste, was sie danach machen wollte. Sie wollte Erfahrungen im Berufsleben sammeln und interessierte sich sehr für Technik. Auf Empfehlung ihres Bruders landete sie dann beim THW. „Ich habe mich vorab im Internet belesen über das THW und da habe ich schon mal gesehen, was für Aufgabenbereiche die anbieten und das klang sehr interessant – die verschiedenen Bereiche: Verwaltung, IT, Medien, Technik“, berichtet sie. Nach dem BFD hat sich Killemann für eine Ausbildung zur Orthopädietechnik-Mechanikerin entschieden. Das THW habe ihr bei der Entscheidung sehr geholfen, sagt sie. Da sie im Rahmen des BFD in verschiedene praktische Tätigkeiten hineinschnuppern konnte, habe sie ihre Fähigkeiten zum Handwerk entdeckt und gleichzeitig festgestellt: „Verwaltung ist nicht so meins.“

„Der Anschluss sollte schon in trockenen Tüchern sein“Porträt Laura Killemann
Während ihrer BFD-Zeit konnte Killemann aber nicht nur praktische Erfahrungen sammeln, sondern sie wurde auch bei ihren Bewerbungen für den weiteren Lebensweg unterstützt, erzählt sie. Auch der Bufdi-Koordinator Kummer betont: Wenn der BFD ende, sollte der Anschluss im besten Fall bereits „in trockenen Tüchern“ sein. Die Bufdis würden daher auch in ihrer Berufsorientierung unterstützt. Er lege Wert darauf, für alle Bufdis in seinem Jahr einen „Rucksack zu packen, der einen dann für später weiterbringt“. Zum BFD gehören daher auch zahlreiche Bildungsangebote – von politischer, sozialer und kultureller Bildung bis hin zu praktischen Trainings. Allen Bufdis ermögliche man es aber, im Rahmen des BFD die THW-Grundausbildung zu absolvieren. Die könne man dann für später mitnehmen – sowohl als Erfahrung als auch als Qualifikation. Auch Fahrsicherheitstrainings, Erste-Hilfe-Kurse oder auch mal ein Staplerschein können im Rahmen des BFD absolviert werden. Die Bufdis gingen, wenn sie möchten, mit einem „ganzen Packen an Zertifikaten“ aus dem Jahr, erklärt Kummer. Das seien praktische und nachweisbare Erfahrungen, die für viele junge Lebensläufe bereichernd sein könnten.

Auch zur Überbrückung ist der BFD eine gute Wahl
Für Christian Seiler war es weniger die Unsicherheit über den weiteren Lebensweg, die zu einer Entscheidung für den BFD beim THW geführt hat, als vielmehr der Wunsch, den Zeitraum vom Ende der Schulzeit bis zur Ausbildung mit einer sinnvollen Tätigkeit zu füllen. „Ich habe mich relativ spät nach der Schule dagegen entschieden, direkt studieren zu gehen, weil ich dann doch eine Ausbildung machen wollte. Die Ausbildungsplätze für 2023 waren dann aber schon weg und ich konnte erst 2024 mit der Ausbildung beginnen. Da habe ich gedacht: Dann mache ich eben in der Zwischenzeit einen BFD.“ Christian Seiler macht jetzt eine Ausbildung zum Mechatroniker. Beim TWH habe ihn vor allem das Technische gereizt, berichtet er, „dass ich da fachlich viel lernen kann, was mir auch für die Ausbildung hilft. Dass ich da praktisch was machen kann, das hat mich interessiert. Und ich fand es spannend, das THW an sich darüber besser kennenzulernen, weil ich da auch nicht viel drüber wusste.“

Was macht ein Bufdi? – Vieles.
Auf die Frage „Was macht denn ein Bufdi beim THW?“ geben uns alle drei dieselbe Antwort: Die Aufgaben seien vielfältig – so vielfältig wie die Bufdis selbst. Von 16-65 seien in den letzten fünf Jahren alle Altersklassen dabei gewesen, berichtet Kummer. Dann müsse man schauen – „Ist das jemand, der frisch von der Schule kommt und gern erstmal in verschiedene Tätigkeiten reinschnuppern und etwas lernen möchte? Oder ist es jemand, der kurz vor der Rente steht und gern einfach ein bisschen unterstützen möchte, zum Beispiel in der Verwaltung oder auch mal etwas Neues kennenlernen möchte als sein oder ihr bisheriges Berufsbild.“ Die Interessen und Fähigkeiten der einzelnen Bufdis spielen daher ebenso eine Rolle wie der Einsatzort, denn den BFD kann man sowohl bei der THW-Leitung, in den Landesverbandsdienststellen, in den Regionalstellen oder sogar bei den ehrenamtlich geführten Ortsverbänden absolvieren. Je nachdem, wo man landet, ändern sich die anfallenden Aufgaben, die Bufdis übernehmen können. Die Aufgaben reichen von Reparaturen und Geräteprüfungen über Fahrdienste und die Unterstützung bei Veranstaltungen bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltungsaufgaben – ein Interesse für Technik ist also nicht unbedingt notwendig, wenn man den BFD beim THW absolvieren möchte.

Normale Arbeitstage und besondere Momente
Der BFD-Tag sei wie ein normaler Arbeitstag ausgelegt, beschreibt Laura Killemann. „Man kommt morgens an, begrüßt die Kollegen, fragt, ob jemand Aufgaben für einen hat und ob man irgendwo helfen kann.“ Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihr aber eine Aufgabe: „Wir haben am Ende des Bundesfreiwilligendienstes bei einem Landesjugendlager mit ausgeholfen, 2022 am Flughafen Leipzig-Altenburg in der Gemeinde Nobitz, und ich durfte bei der Vor- und Nachbereitung und der Durchführung mithelfen. Das war schön, das Ganze dort mal mit anzusehen und zu sehen, was für ein logistischer Aufwand dahintersteckt.“ Besonders gern erinnert sie sich an die glücklichen Gesichter der Jugendlichen, die beim Landesjugendlager ihr Leistungsabzeichen abgelegt haben.

„An sich gab es keine zwei gleichen Tage“
Auch Christian Seiler beschreibt seine Aufgaben als vielseitig: „Einige Sachen haben sich schon wiederholt, aber an sich gab es keine zwei gleichen Tage, das war wirklich sehr abwechslungsreich.“ Während seines BFD war er in der Regionalstelle Bremen eingesetzt. Die Regionalstellen sind der Leitung und den acht Landesverbänden nachgeordnet. In der THW-Organisation gibt es 66 Regionalstellen. Jede Regionalstelle koordiniert dann wiederum etwa zehn Ortsverbände. Seiler war in der Regionalstelle Bremen unter anderem im „Prüfteam“ tätig. Dieses prüft jährlich in jedem der zehn Ortsverbände die Materialien. Etwa zwei Wochen lang war er so in jedem Ortsverband an der Prüfung beteiligt. „Das waren lange Tage“, erinnert er sich, da das Team morgens immer von der Regionalstelle zum Ortsverband gefahren sei und abends wieder zurück. In diesen zwei Wochen habe er viel vom Arbeitsalltag in den Ortsverbänden mitbekommen. Wenn er nicht gerade mit dem Prüfteam unterwegs war, waren seine Aufgaben vielfältig, erinnert er sich: „Man ist morgens angekommen und hat dann das gemacht, was anstand.“ Zu seinen Aufgaben gehörten neben der Geräteprüfung auch Materialfahrten – also Geräte von der Regionalstelle zu den Ortsverbänden bringen und umgekehrt, hier und da mal Excel-Tabellen programmieren, einen Aufnäher für die Ehrenamtlichen gestalten oder auch die Fahrzeugpflege: „Das stand jetzt nicht so oft an, aber gehört auch mit dazu, dass wir dann Sachen wie einen Reifenwechsel machen. Das war auch sehr interessant, weil ich das persönlich vorher noch nicht gemacht hatte. Es ist kein Hexenwerk, aber das war cool. Das sind so Sachen, die im Leben immer helfen, wenn man sie kann.“

Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein
Besonders im Gedächtnis geblieben ist Seiler der Moment, als er die THW-Grundausbildung abgeschlossen hatte – und seine Urkunde in den Händen hielt. Dreimal ist er für die Ausbildung für jeweils eine Woche ins Ausbildungszentrum nach Brandenburg an der Havel gefahren. Aber nicht nur durch technisches Wissen, auch persönlich habe der BFD ihn weitergebracht, sagt Seiler: „Dass man einfach viel selbstständiger wird, dass man Aufgaben selbstständig bearbeiten muss, dass man selbstständig irgendwo hinfährt, und etwas macht. Dass man viel selbstbewusster wird – sowas hat mir einfach für die persönliche Entwicklung viel gebracht.“ Den BFD in der Regionalstelle des THW kann Seiler sehr empfehlen, denn hier gab es immer etwas zu tun. „Es war schon ein komisches Gefühl, als es dann vorbei war“, sagt er heute, kurz nach dem Ende seines Freiwilligendienstes. Die Zeit habe ihm schon viel Spaß gemacht.

Werden aus Bufdis später Ehrenamtliche?
Wie viele Bufdis später als Ehrenamtliche beim THW blieben? Etwa die Hälfte, schätzt Kummer. Von den 73 Bufdis, die in den letzten fünf Jahren einen BFD in seiner Regionalstelle absolviert haben, haben sich ca. 80% zusätzlich als Ehrenamtliche in einem Ortsverband angemeldet. Etwa die Hälfte von ihnen ist auch über den BFD hinaus im Ortsverband geblieben. Für viele ist der BFD also tatsächlich der Einstieg ins Ehrenamt. Es sei aber natürlich auch in Ordnung, wenn man nach dem BFD nicht weitermachen wolle, betont Kummer. Die genaue Zahl derer, die nach dem BFD beim THW bleiben, sei nicht ganz einfach zu erfassen, weil viele nach dem BFD auch zum Beispiel fürs Studium in andere Städte umziehen und dann dort in einem THW Ortsverband weitermachen würden. „Das sehen wir jetzt tatsächlich immer wieder“, sagt Kummer, dass Helfende „aus anderen Städten zum THW kommen mit ihrer Qualifikation und sagen: Ich habe da und da meinen Bundesfreiwilligendienst gemacht und komme schon als fertiger Helfer zu euch“. Oder sie lernen das THW über den BFD kennen und haben dann zunächst andere Prioritäten wie Berufsfindung oder Familienplanung. Und wenn sie dann wieder mehr Zeit haben, dann steigen sie ehrenamtlich ein. Alles sei möglich.

Gutes tun und dabei selbst glücklich sein
Auch Laura Killemann ist nach dem BFD als Ehrenamtliche beim THW geblieben. Warum? „Ich habe gemerkt, dass ich etwas bewegen möchte, mit anpacken möchte und man spürt auch das Gefühl von Zusammenhalt beim THW und da wollte ich ein Teil davon sein.“ Warum auch andere den BFD in Erwägung ziehen sollten? „Man kann sich für das Allgemeinwohl in Deutschland einsetzen, lernt viele neue Menschen kennen und macht spannende Erfahrungen“, berichtet Killemann. Das THW ist für sie heute auch eine Art Familie geworden, die ihr in schlechten Momenten Halt gibt. „Ich kann in meinem Ehrenamt zugleich Gutes tun und dabei selbst glücklich sein, das motiviert mich“, sagt sie.