Vom Ehrenamt in den Beruf Magazin

Sebastian Paroch erzählt uns seinen Weg

Mit einem Brief der Bundeswehr im Jahr 2004 ging alles los: Inzwischen ist Sebastian Paroch ganze 18 Jahre im Ehrenamt. Nach langjährigem ehrenamtlichen Engagement arbeitet er seit zwei Jahren hauptamtlich in der Regionalstelle Berlin des THW. Doch wie ist es dazu gekommen? Welche Qualifikationen eignete er sich an, welche Erfahrungen machte er auf seinem „Ehrenamts-Weg“? Und was hat eigentlich die Bundeswehr mit der Sache zu tun? Wir haben mit Sebastian Paroch (38) über seine drei Leben und den Weg vom Ehren- ins Hauptamt gesprochen.


Auf Umwegen zum Ehrenamt
Bei Sebastian Paroch war es weder das familiäre Umfeld noch der Freundeskreis, der ihn zur Aufnahme seines Ehrenamts bewogen hat. Im Grunde war es eine pragmatische Entscheidung aus beruflichen Gründen: Sebastian arbeitete nach seiner Ausbildung als Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung in einem kleinen Unternehmen. 2004 meldete sich die Bundeswehr bei ihm: Sebastian sollte zum Wehrdienst eingezogen werden. Die Wehrpflicht existierte damals noch und Sebastian hätte mit seinem Dienst bei der Bundeswehr seine Festanstellung in dem kleinen Unternehmen riskiert.
Die Alternative nach ausgiebiger Internet-Recherche? Der „Ersatzdienst im Katastrophenschutz“. Er verpflichtete sich für sechs Jahre beim THW Ortsverband Berlin-Lichtenberg. Pro Jahr musste er 120 Stunden absolvieren – damit hatte er einen Weg gefunden, seiner regulären Arbeit weiter nachgehen zu können. Doch dass seine damalige Entscheidung sein (Berufs-)leben von Grund auf umkrempeln würde, damit hätte Sebastian nicht gerechnet.

Die Entscheidung fürs THW
„Ich fand den Umgang mit Technik sowie die ganzen Möglichkeiten recht spannend“, so Sebastian – und die Stimmung stimmte bereits im Vorabgespräch. Er fühlte sich von Anfang an wohl und startete seine Grundausbildung. Der Beginn einer erfolgreichen „Karriere im Ehrenamt“: Nach seiner eigenen Grundausbildung betreute er die neuen Grundauszubildenden, war Helfer in der Fachgruppe Beleuchtung sowie Helfer in einer Bergungsgruppe. In letzterer wurde er zum Truppführer berufen. Schließlich ging es für ihn als Helfer in den Zugtrupp eines Technischen Zuges. Hier wurde er zunächst Zugtruppführer sowie später Zugführer. Inzwischen bekleidet er diese Position seit annähernd zehn Jahren. Doch nicht nur im Ehrenamt startete Sebastian durch: Auch beruflich wagte er nach fünf Jahren im IT-Bereich einen Neuanfang.

 „Ich sage immer: Ich habe drei Leben“
2009 wechselte Sebastian zur Polizei Berlin. In diesem Beruf arbeitete er – inklusive Aufbaustudium für den gehobenen Dienst – zwölf Jahre lang. Zusätzlich zu seinem Ehrenamt im THW engagierte er sich in dieser Zeit in der Jungen Gruppe der Gewerkschaft der Polizei, später in verschiedenen Bezirksgruppen. 2021 hatte erneut der Zufall seine Hand im Spiel: Passend zum Ende des Studiums bei der Polizei war eine Stelle in der THW Regionalstelle Berlin vakant. Der damalige Regionalstellenleiter kam auf ihn zu und fragte, ob er sich nicht bewerben wolle.
Die erste Reaktion? „Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nie mit dem Gedanken gespielt, hauptamtlich beim THW zu arbeiten, aber ich fand es eine spannende Herausforderung – zudem bin ich ein Freund davon, sich Sachen von allen Seiten anzusehen.“ Schließlich entschloss er sich dazu, es zu versuchen.

Die Aufgaben im Hauptamt
Sein neuer Jobtitel im Hauptamt: Sachbearbeiter Einsatz in der THW Regionalstelle Berlin. Seine Hauptaufgabe ist die Einsatzkoordination, sprich das Vorbereiten, Durchführen und Nachbereiten von Einsätzen im Regionalbereich Berlin. Seine Verantwortung erstreckt sich auf die Bereiche Einsatz, Ausstattung, Information und Telekommunikation sowie Prüfwesen. Sieben Mitarbeitende stehen ihm in seinem Sachgebiet zur Seite. Doch wer glaubt, Sebastian bliebe im Hauptamt keine Zeit mehr fürs Ehrenamt, der irrt: Sein Ehrenamt als Zugführer übt er weiterhin aus, seit 2021 ist er zusätzlich stellvertretender Landessprecher für Berlin sowie ab und an Gastdozent für verschiedene Lehrgänge an den THW-Ausbildungszentren. Was als pragmatische Lösung zugunsten des damaligen Berufes gestartet war, währt inzwischen 18 Jahre. Sebastians Fazit: „Bisher habe ich kein einziges Jahr bereut.“

„Ein Wechsel lohnt sich auf jeden Fall“
Doch wie leicht fiel ihm der Wechsel vom Ehren- ins Hauptamt? „Als ausgebildeter Zugführer fiel mir die Einarbeitung ins Hauptamt und in den Bereich Einsatz besonders leicht.“ Zudem kam ihm sein „erstes Leben“ als Fachinformatiker im Bereich Information und Telekommunikation zugute. Und über ein Jahrzehnt bei der Polizei bereiteten ihn darauf vor, „die Behörde THW zu verstehen“. Der größte Unterschied zur ehrenamtlichen Tätigkeit? Weniger operative Arbeit, mehr administrative. Da müsse man auch in Kauf nehmen, dass manche Prozesse viel Verwaltungsaufwand erfordern, um ans Ziel zu gelangen.

Tipps für Wechselwillige
Sebastians Tipp für alle, die ein Wechsel vom Ehrenamt in den Beruf reizt: „Versucht, die Sache ganzheitlich zu betrachten. Es ist ein Unterschied, ob ich meinem Hobby im Ehrenamt nachgehe oder meine Brötchen mit meiner hauptamtlichen Tätigkeit verdiene.“ Man solle sich mit dem Wechsel auf jeden Fall intensiv auseinandersetzen. Im Hauptamt unterliege man beispielsweise Vorgaben, die im Ehrenamt keine Rolle gespielt hätten. Andererseits bekomme man Einblicke, die man vorher nicht gehabt habe – und damit Verständnis für gewisse Prozesse. Ein weiterer Pluspunkt seines Wechsels: Die Akzeptanz und Unterstützung vonseiten der Ehrenamtlichen: „Schließlich ist man einer von ihnen und weiß in der Regel, wovon man spricht.“
Doch wie ist es bei diesem 100-prozentigen Einsatz fürs THW um die Work-Life-Balance bestellt? Zusätzlich zu seiner Vollzeitstelle engagiert sich Sebastian um die 350 Stunden im Jahr ehrenamtlich. Er sieht das Ganze pragmatisch: „Ein Ehrenamt nimmt immer so viel Raum im Leben ein, wie man bereit ist, zu geben.“ Er sagt von sich selbst, dass er „gelegentlich zu umtriebig“ sei – doch die Resonanz aus dem familiären Umfeld und dem Freundeskreis sei durchweg positiv. Alle hätten großen Respekt vor seinem Einsatz im Haupt- und Ehrenamt. Bei diesem großen Engagement ist es kaum verwunderlich, dass er sich auch noch berufsbegleitend weiterbildet: In diesem Jahr will er seinen Master of Arts Sicherheitsmanagement abschließen – vielleicht der Schritt in Leben Nummer vier!