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  • | Interviews

    Ehrenamt gegen Einsamkeit im Alter? Im Interview mit Frank Twardy

    Heute sprechen wir mit Frank Twardy. Er engagiert sich seit 2017 ehrenamtlich bei den Maltesern. Im Gespräch erzählt uns der 58-Jährige, wie er zu den Maltesern gefunden hat, wie die Zusammenarbeit zwischen jüngeren und älteren Kameraden funktioniert, warum das Ehrenamt ihn an Rock‘n’Roll erinnert und wie es vielleicht vor Einsamkeit im Alter schützen kann. Herr Twardy, vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit nehmen, mit uns zu sprechen. Wir beginnen einmal am Anfang, wie sind Sie zu den Maltesern gekommen? Hallo! Ich bin jetzt seit 24 Jahren beim Malteser Hilfsdienst. Davon aber nicht die ganze Zeit in der aktiven Tätigkeit, sondern als passives Mitglied, sozusagen als Fördermitglied. Und wie ich zu den Maltesern gekommen bin? Daran waren hauptsächlich meine Eltern beteiligt. Mein Vater war zu Lebzeiten auch aktives Mitglied im Katastrophenschutz. Auch bei den Maltesern. Er nahm mich, sofern möglich, öfters mal zu seinen Einsatztätigkeiten mit. Also Sie sind seit 24 Jahren bei den Maltesern, aber seit wann als aktives Mitglied tätig? Seit 2017, nachdem beide Elternteile verstorben waren. Ich war dann im Besuchsdienst für die Malteser unterwegs, also um einsamen Menschen zur Seite zu stehen. Älteren Menschen, die vielleicht keine Angehörigen mehr haben. Mit denen bin ich rausgegangen und wir haben uns unterhalten. Ich habe sie dann aus dem Heim abgeholt. Eine Dame zum Beispiel konnte nicht mehr eigenständig raus, weil sie nicht mehr mobil war. Und sofern das Wetter einigermaßen warm war, haben wir den Rollstuhl gepackt und sind zum Tegeler See gelaufen, um ein bisschen spazieren zu gehen und haben uns dabei unterhalten. Die Dame ist dann allerdings mit 93 Jahren verstorben. Sie war zu Corona-Zeiten im Heim und das war auch nicht so einfach. Die Heime wurden ja dann auch quasi abgeriegelt. Und dann habe ich für mich überlegt: möchtest du den Besuchsdienst weitermachen? Oder vielleicht auch noch einmal neue Themen kennenlernen? Weil mich medizinische Dinge interessieren, technische Dinge und die sozialen Bereiche. Malteser sein ist eben nicht nur Blaulicht, sondern hat verschiedene Komponenten. Und so bin ich beim Betreuungsdienst gelandet. Beim Betreuungsdienst geht es um die Betreuung von Verunfallten am Einsatzort. Und um die Versorgung der Hilfskräfte, die Feuerwehr, die Polizei und die anderen Hilfsdienste. Man ist eine Schnittstelle. Was bedeutet das genau? Die Versorgung der Hilfskräfte? Versorgung der Hilfskräfte bedeutet dann gegebenenfalls zum leiblichen Wohl auch eine Mahlzeit aushändigen zu können, Getränke bereitzustellen, Tee oder warme Suppe zu bringen, wenn es erforderlich ist. Wenn man sieht: Hier geht es nicht um eine Stunde Tätigkeit von Einsatzkräften, sondern um einen wesentlichen längeren Zeitraum. Was ist für Sie das Beste an der ehrenamtlichen Arbeit? Wie kann man das am besten beschreiben? Es ist eine Kombination von vielen Dingen. Also erst mal vielleicht den eigenen Interessen nachgehen zu können, aber auch helfen zu können, wenn man gebraucht wird. Man hat außerdem die Möglichkeit, flexibel zu sein. Ehrenamt bedeutet nicht: Du musst helfen. Du musst an allen Veranstaltungen oder an allen Einsätzen teilnehmen. Sondern man kann. Jeder hilft, wie er es kann. Man kann ohne Einsatz finanzieller Mittel einen Teil von sich mit einbringen ganz nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Interessen. Man kann dazulernen, von anderen oder aus den Einsätzen und Erlebnissen. Man kann aber auch an Weiterbildungen teilnehmen – auch einfach digital. Ich wollte auch einer Tätigkeit mit christlich-menschlichem Hintergrund nachkommen. Und die Malteser sind ja eine christliche Organisation. Was sonst noch zählt? Teamgeist. Menschlichkeit. Gemeinsamkeit. Neue Herausforderungen. Neue Themen kennenzulernen. Miteinander zu üben, zu trainieren. Also tatsächlich auch das Kollegiale? Einerseits der Aspekt der neuen Herausforderung und Weiterbildungsmöglichkeiten, andererseits aber auch der der Aspekt des Gemeinsamen? Absolut. Ich sag es mal so: Das Ehrenamt verbindet. Man hat gleiche Ziele trotz oftmals sehr unterschiedlicher Persönlichkeiten. Das macht es spannend. Niemals allein zu sein, das sagt schon der Leitsatz der Malteser aus: „Weil Nähe zählt“. Man hilft sich untereinander und nicht nur sich selber, sondern man ist auch für die Gesellschaft da. Und in welchen Situationen merkt man bei den Maltesern den Zusammenhalt am meisten? Zuallererst bei den realen Einsätzen. Da guckt man zuerst: wie kann man helfen? Was ist die Situation? Welche Ressourcen sind da? Welche Ressourcen sind schon gebunden? Wer ist überhaupt verfügbar? Da denke ich schon, dass das eine große Hilfe untereinander und Bereitschaft erfordert. Außerdem finden regelmäßig Gruppenabende statt, wo ein Austausch und ein Miteinander stattfindet. Hier redet man natürlich viel über die ehrenamtliche Arbeit, aber auch über Privates. Es finden gemeinsame Veranstaltungen statt, also auch zu besonderen Anlässen. Ein Jubiläum zum Beispiel. Eine Weihnachtsfeier gibt es auch, mit einer entsprechenden christlichen Messe dazu, da kommen alle zusammen. Auch gibt es eine Jahresauftaktveranstaltung mit Anwesenheit des Bischofs von Berlin. Es gibt viele Möglichkeiten, wo man nicht alleine sein muss und Anschluss findet. Und wenn es einer Person nicht gut geht im Team, ist man dann füreinander da? Ja. Bei mir war es zum Beispiel mal eine Situation, wo aus meinem Bekanntenkreis Hilfe benötigt worden ist. Ich wusste auch zu dem Zeitpunkt nicht, wie ich helfen konnte und habe dann aber meine Malteser-Kontakte nutzen können und gefragt: Hey, wer könnte da helfen oder Anlaufstellen benennen. Und die haben mich dann unterstützt. Das ist toll, diese Vernetzung. Und man steht wirklich nicht alleine da. Im Ehrenamt kommen ja viele unterschiedlichen Menschen zusammen, auch viele Menschen unterschiedlichen Alters. Bei den Maltesern gibt es ja jüngere und ältere Kollegen – wie erleben Sie den Umgang miteinander bei den Maltesern? Im Rahmen meiner beruflichen Ausbildung habe ich es so kennengelernt, dass die Jüngeren und Älteren miteinander zusammen tätig sein können. Ich verbinde das so ein bisschen mit der Musikszene. Ich spreche jetzt mal nicht von „den Älteren“, sondern von den „Stars“. Die nehmen die Newcomer mit auf die Bühne ins Vorprogramm oder ins Mittelprogramm, um den Newcomern die Möglichkeit zu geben, weiterzukommen. So ist das bei den Maltesern auch ein bisschen. Auch das Umfeld ist etwas wie Musik, wie Rock ’n‘ Roll: von total entspannt, relaxed gemeinsam einen Dienstagabend verbringen bis hin zu Rock ’n‘ Roll in einem Einsatz, wo jeder gefordert ist. So kann man das ungefähr darstellen. Wenn man einen Einsatz hat, dann ist man ja meistens nicht alleine unterwegs. Wie viele sind dann ungefähr immer im Einsatz? Das ist ganz unterschiedlich. In der Regel fährt man mindestens zu zweit. Das hängt aber von den Diensten ab – was gefordert wird in den Diensten. Also wenn man jetzt Großveranstaltungen nimmt, da werden ja auch nicht nur die Malteser angefragt, sondern eigentlich alle Hilfsorganisationen, die verfügbar sind. Zum Beispiel zur Europameisterschaft werden dann alle Kräfte gebeten, sofern möglich, zu helfen. Da findet auch ein großes Miteinander statt, weil man sich gemeinsam organisieren muss. Das klappt aber auch immer gut. Wie ist so ungefähr die Altersspanne unter den Kameraden und Kameradinnen mit denen Sie öfter zusammenarbeiten? Das ist hochinteressant, weil es bei Maltesern ja schon die Möglichkeiten gibt, mit 16/17 Jahren als Schulsanitäter dabei zu sein. Für bestimmte Tätigkeiten muss natürlich die Volljährigkeit gegeben sein. Und von da ist alles möglich: von 18 bis ca. 65 – das ist ein breites Spektrum. Sie sagten gerade, dass ihre Zusammenarbeit so wie Rock ’n‘ Roll ist. Die Stars nehmen die Newcomer mit auf die Bühne. Ist das so, dass die Jüngeren von den Älteren lernen? Oder ist es manchmal sogar umgekehrt? Es ist auch umgekehrt. Deswegen wollte ich auch bewusst nicht von den Älteren sprechen, sondern eher von den Stars, weil ich ja vielleicht persönlich älter bin, aber auch von den Jüngeren lerne. Und Jüngere können wiederrum vielleicht andere Dinge von Älteren für sich mitnehmen oder Erfahrung sammeln. Also es ist auch keinesfalls eine Einseitigkeit. Werden ältere Kollegen anders eingesetzt als jüngere oder übernehmen andere Tätigkeiten? Man hat schon die Möglichkeit, auch Tätigkeiten zu wählen, die körperlich und mental etwas weniger fordernd sind als zum Beispiel die Notfallrettung. Beispielsweise im Betreuungsdienst, wo man sich dann eher zwischen der Situation und den Einsatzkräften befindet. Im Betreuungsdienst und im Besuchsdienst kann man zum Beispiel noch gut mit 65 helfen, oder auch in der Nachbarschaftshilfe oder der Flüchtlingshilfe. Wann denken Sie, ist man zu alt fürs Ehrenamt? Ich denke, da gibt es keine Altersgrenze. Das liegt allein an der persönlichen Einschätzung – wie jung man im Herzen geblieben ist. Und wie lange man es selbst körperlich und mental machen kann und möchte. Gerade sind Sie noch berufstätig. Was machen Sie beruflich? Ich bin Bankkaufmann. Also eine ganz andere Richtung. Gerade bei Menschen, die in Rente gehen, entsteht ja auch eine Lücke. So dass dann vielleicht auch der Wunsch aufkommt, die neue freie Zeit irgendwie sinnvoll zu nutzen. Haben Sie sowas schon mal in Ihrem Umfeld erlebt? Ich kann eigentlich nur für mich selbst sagen: Ja, das ist ein Thema, das einem durch den Kopf geht. Man denkt, wenn du eines Tages vielleicht nicht mehr 110 % in deinem Hauptberuf unterwegs sein musst, hat man ja in der Lebensphase mehr Zeit zur Verfügung. Und wie kann man die sinnvoll nutzen? Das ist durchaus ein Thema, das ich mir auch persönlich überlegt habe und wo ich denke: ja, das Ehrenamt ist eine sinnvolle Aufgabe – aus Interesse und Freude an der Sache heraus. Das wird vermutlich auch nicht 100 % meiner Zeit einnehmen, wenn man vielleicht auch noch ein anderes Hobby hat oder Ähnliches. Aber es ist durchaus denkbar für mich, dass es dann auch später weiterhin einen größeren Teil einnimmt. Das ist gut vorstellbar. Wenn Menschen in Rente gehen oder sich später in einem Pflegeheim befinden, sind leider viele von Einsamkeit betroffen. Insbesondere, wenn durch den Wegfall des Berufs teilweise auch die sozialen Kontakte schwinden. Möglicherweise sind auch die Kinder aus dem Haus. Glauben Sie, dass ein Ehrenamt gegen Einsamkeit helfen kann? Ja, bestimmt. Ich glaube, wenn man Freude selber schenken kann, kommt auch eine gewisse Freude zurück. Ich habe neulich in den Öffis durch Zufall mit einer älteren Dame gesprochen. Sie hatte mich angesprochen und erzählt, dass sie voll ausgebildete Stationsschwester sei. Und vor drei Jahren sei ihr Mann verstorben. Und ich habe sie dann gefragt, wenn sie die Ausbildung hat, hätte sie dann nicht Lust irgendwo was zu machen im Bereich Unterstützung? Dann sagte sie mir: das ist vielleicht gar kein schlechter Gedanke. Wir haben vorhin schon mal kurz darüber gesprochen, dass das Ehrenamt sehr viele unterschiedliche Menschen zusammenbringt, Jüngere, Ältere, aber auch völlig unterschiedliche Persönlichkeiten. Denken Sie also, dass das möglicherweise auch Konflikte hervorruft? Oder dass es auch ein Vorteil sein kann, dass das man Menschen kennenlernt, die man sonst nicht kennengelernt hat? Auf jeden Fall. Das ist doch total spannend, Menschen kennenzulernen, die vielleicht auch anders ticken. Was die Hobbys und Interessen angeht, gibt es da ganz unterschiedliche Richtungen, zum Beispiel IT oder Wassersport. Und auch Berufe: Von Elektro zu Projektarbeiten, IT-Projekte bis Bildungswesen, Kinder, Schule gibt’s da alles – total unterschiedlicher Natur. Man sieht, dass in der gesamten Gesellschaft nicht überall alles rund läuft. Dass es überall Ecken und Kanten, Probleme und Hürden zu meistern gibt. Und da sieht man: jede Branche hat ihre Besonderheiten, aber irgendwo auch Ähnlichkeiten. Wenn ich jetzt bei den Maltesern mitmachen möchte, wie läuft das ab? Wo kann ich mich informieren, wo kann ich mich melden, mit wem kann ich sprechen? Man kann zum Beispiel bei den Geschäftsstellen, auch der Hauptgeschäftsstelle anrufen und nachfragen. Beispielsweise beim Referat Ehrenamt. Es gibt auch Informationsbroschüren dazu, welche Bereiche es alles gibt, wo man sich vielleicht vorab mal informieren kann. Im Web kann man sich die Malteser-Seite angucken: Was wird eigentlich gemacht? Wir machen ja wie gesagt alles vom Schuldienst bis zur Hundestaffel. Es ist so viel möglich von Flüchtlingshilfe, Betreuungsdiensten, Besuchsdienst, Nachbarschaftshilfe, Integration bis hin zu Hospiz. Und man ist auch nicht festgelegt, dass man sagt: ich gehe in einen Bereich für immer und ewig und dann ist man da festgenagelt. Nein, man hat auch die Möglichkeit zu sagen: jetzt möchte ich auch mal was anderes machen. Und ein Ehrenamt lässt sich ja auch sehr flexibel handhaben. Das heißt ja nicht, man muss jetzt soundso viele Stunden im Monat in einem Jahr machen, sondern jeder so wie er kann und möchte. Was jeder bereit ist zu geben von seiner Zeit.
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  • | Gastbeiträge

    Wie ein Ehrenamt die geistige Leistungsfähigkeit steigern kann

    Wir haben es schon lange vermutet, jetzt ist es sogar wissenschaftlich bestätigt: Ein Ehrenamt hilft nicht nur der Gesellschaft, sondern kann auch die eigene kognitive Leistungsfähigkeit verbessern. Zu diesem Schluss kommt auch ein Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und des Digitalen Demenzregisters Bayern (digiDEM Bayern). In einer systematischen Übersichtsarbeit hat das Team die Zusammenhänge zwischen ehrenamtlicher Tätigkeit und kognitiver Leistungsfähigkeit untersucht. Hierfür analysierten die Forschenden insgesamt 14 Studien aus aller Welt, die zwischen 2017 und 2021 erschienen waren. Mit dabei waren Studien aus Korea, Taiwan, Brasilien, England, England/Schottland, Neuseeland, China, Japan und den USA. Die Forschenden der FAU kamen zu dem Schluss, dass neun der Studien auf einen positiven Zusammenhang zwischen Ehrenamt und Gehirnfunktionen hinweisen. Diese Funktionen umfassen zum Beispiel Wahrnehmung, Denken, Aufmerksamkeitsfähigkeit und Sprachvermögen. Allerdings ist sich die Wissenschaft uneins, ob sich die Häufigkeit des Engagements proportional auf die kognitive Leistungsfähigkeit auswirkt. Schließlich kann eine zu hohe Beanspruchung durch das Engagement zu Stress führen. Die Ergebnisse der Studie sind besonders für die Prävention von Demenzerkrankungen relevant. Zwar sind die Ursachen einer Demenzerkrankung ebenso vielfältig wie komplex, jedoch gibt es auch Risikofaktoren, die veränderbar sind wie zum Beispiel Übergewicht oder Rauchen. Auch geringe Bildung kann die kognitive Reserve beeinflussen. Hier kann ein Ehrenamt gegensteuern – schließlich fordern ehrenamtliche Tätigkeiten das Gehirn und trainieren die kognitiven Fähigkeiten. So gilt es im Zivil-und Katastrophenschutz eine komplexe Situation schnell zu erkennen und eine zielgerichtete Lösung zu finden. Ein Ehrenamt kann so das Risiko der Entwicklung kognitiver Defizite verhindern oder hinauszögern. Zwei der 14 untersuchten Studien haben sogar gezeigt, dass Menschen mit einem niedrigeren Bildungsniveau mehr von den Vorteilen des Ehrenamts für die kognitive Leistungsfähigkeit profitieren als Personen mit einem höheren Bildungsniveau. Aber auch andere Risikofaktoren für Demenz werden durch ein Ehrenamt potentiell vermindert. Das Kameradschaftsgefühl in den Organisationen des Zivil- und Katastrophenschutzes gibt sozialen Halt und wirkt Isolation entgegen. Auch gibt es immer etwas zu tun, sodass körperlichen Inaktivität – ein weiterer Risikofaktor – effektiv vermieden wird. Es ist übrigens nie zu spät, das eigene Demenzrisiko zu senken. Die Studie zeigt, dass das Risiko für eine Demenzerkrankung auch noch in späteren Lebensabschnitten deutlich sinken kann, wenn (zum Beispiel durch ein Ehrenamt) mehrere Faktoren gleichzeitig reduziert werden. Dies ist gerade für Frauen relevant, da diese statistisch häufiger an einer Demenz erkranken. Ein Garant dafür, ohne Demenz zu altern, ist ein Ehrenamt natürlich nicht. Darauf weist auch die Hauptautorin der Studie hin. So konnte nur ein positiver Effekt auf die kognitiven Fähigkeiten – nicht auf das Demenzrisiko – bestätigt werden. Für eine klare Prognose seien die Ergebnisse zu unterschiedlich gewesen. Wir sind uns aber trotzdem sicher, die vielseitigen Aufgaben eines Ehrenamtes im Zivil- und Katastrophenschutz halten Geist und Körper fit! Wer mehr über die Studie erfahren möchte, kann das hier tun: https://www.fau.de/2023/07/news/wissenschaft/ehrenamt-staerkt-die-eigene-geistige-leistungsfaehigkeit/ Die Studie selbst ist im Journal of Multidisciplinary Healthcare erschienen. Anne Keefer, Kathrin Steichele, Elmar Graessel, Hans-Ulrich Prokosch, Peter L Kolominsky-Rabas: Does Voluntary Work Contribute to Cognitive Performance? – An International Systematic Review
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  • | Interviews

    Vier Fragen an Ralph Tiesler, Präsident des BBK

    Wenn in Deutschland in großem Umfang Menschenleben, die Umwelt, privates Eigentum oder wichtige öffentliche Einrichtungen gefährdet sind, kommen in der Regel viele ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus dem Katastrophenschutz zum Einsatz. Sie wurden speziell ausgebildet, um ihre Mitmenschen in Notsituationen zu unterstützen. Doch neben dem Katastrophenschutz gewinnt auch der Zivilschutz immer mehr an Bedeutung. Was dieser Begriff bedeutet und warum auch hier ehrenamtliche Mitarbeit so wichtig ist, erklärt Ralph Tiesler, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Herr Tiesler, welche Aufgaben hat der Zivilschutz in Deutschland? „Im Kern beinhaltet der Zivilschutz alle nicht-militärischen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor kriegerischen Einwirkungen. Darunter fallen zum Beispiel die Warnung der Bevölkerung vor Bedrohungen, die Evakuierung und Betreuung von Betroffenen, die Versorgung von Verletzten, die Instandhaltung von Wasserwerken, Strom- und Telekommunikationsleitungen.“ Wie haben sich die Anforderungen an den Zivilschutz in den letzten Jahren verändert? „Bisher lag der Fokus eher auf dem Katastrophenschutz. Diese Aufgabe obliegt den Ländern, wir als Bundesbehörde unterstützen und ergänzen hier. Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat sich aber unsere Bedrohungslage grundsätzlich verändert, und damit auch die Bedeutung des Zivilschutzes. Wir bereiten uns nun verstärkt darauf vor, im Falle eines Angriffs auf uns oder unsere Verbündeten handlungsfähig zu sein und die Grundlagen unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft zu schützen und zu verteidigen.“ Welche Rolle spielt das Ehrenamt für den Zivilschutz? „Mehr als 90% aller Einsätze im Katastrophenschutz werden durch Ehrenamtliche geleistet. Diese Helferinnen und Helfer tragen auch im Bündnis- oder sogar im Verteidigungsfall zu einem großen Teil zum Schutz der Zivilbevölkerung und der Infrastruktur bei. Das klingt jetzt erstmal sehr abstrakt, aber in den meisten Fällen werden die Freiwilligen dann das Gleiche tun wie auch im Katastrophenfall: Sie löschen Brände, sie versorgen Verwundete oder leisten technische Hilfe. Ich glaube, die Rolle des Ehrenamts gerade im Zivilschutz kann nicht genug betont werden.“ Welche Aufgaben können Bürgerinnen und Bürger im Zivilschutz übernehmen? „Zunächst einmal ist es wichtig, dass jeder Bürger und jede Bürgerin weiß, was er oder sie im Fall einer Notlage tun kann, um sich selbst, Freunden, Familie und Nachbarn zu helfen. Und darüber hinaus kann man sich bei einer Hilfsorganisation, den Freiwilligen Feuerwehren oder beim Technischen Hilfswerk melden und sich ausbilden lassen. Die Tätigkeiten im Zivilschutz sind so vielfältig, wie das Leben selbst. Es muss deswegen nicht immer körperlich anstrengend oder auch risikoreich sein.“
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  • | Bericht, Interviews

    Reinschnuppern in den Zivil- und Katastrophenschutz – drei Gespräche über den Bundesfreiwilligendienst beim THW

    Über den Bundesfreiwilligendienst (BFD) kann man sich in Deutschland ganz einfach für einen bestimmten Zeitraum für das Allgemeinwohl engagieren – zum Beispiel im Zivil- und Katastrophenschutz. Wie das beim Technischen Hilfswerk abläuft und was die Vorteile des BFD sind, darüber haben wir haben mit den ehemaligen Bufdis Laura Killemann und Christian Seiler sowie dem Bufdi-Koordinator Martin Kummer gesprochen. Der Bundesfreiwilligendienst wurde im Juli 2011 eingeführt, nachdem die Wehrpflicht in Deutschland und der dazugehörige Zivildienst ausgesetzt worden waren. Einen BFD kann man daher an vielen Stellen absolvieren, an denen früher auch der Zivildienst möglich war. Er dauert in der Regel ungefähr 12 Monate und kann nach Abschluss der Pflichtschulzeit mit 15 oder 16 Jahren in jeder Lebensphase begonnen werden. Ein Programm im Wachstum Der Diplompädagoge Martin Kummer leitet das Sachgebiet Bundesfreiwilligendienst beim THW in Bamberg. Er arbeitet seit fünf Jahren mit Bufdis beim THW. Als er dort angefangen hat, war das Programm noch im Aufbau. „Vor meiner Zeit gab es in der Regionalstelle Bamberg nur maximal zwei Bufdis pro Jahr“, erinnert er sich, „inzwischen sind es im Schnitt 14-15“. Deutschlandweit gibt es beim THW pro Jahr inzwischen sogar etwa 800 Bufdis. Das Programm ist in den letzten Jahren also deutlich gewachsen. Auch die Betreuungssituation für die Bufdis habe sich durch die Erfahrung immer weiter verbessert, berichtet Kummer. Heute erwarten die Bufdis neben vielseitigen Aufgaben in der Regel auch eine enge Betreuung und zahlreiche Bildungsangebote. Meist ist es der Wunsch nach Orientierung Die Gründe, warum sich jemand für den Bundesfreiwilligendienst entscheidet, seien ganz vielfältig, berichtet Kummer. Meist sei es der Wunsch nach Orientierung nach der Schule. Die Jugendlichen seien nach der Schulzeit zunächst etwas überfordert mit den vielen Möglichkeiten, die sich ihnen böten und entschieden sich dann dafür, vor dem Studium oder der Ausbildung erst einmal eine Weile lang etwas ganz anderes zu machen – nicht gleich wieder lernen, sondern einmal ins Berufsleben hineinschnuppern – mit Arbeitszeiten, Pausen, Urlaub und definierten Aufgaben. Einige, so Kummer, kämen aber auch ganz gezielt zum THW, weil sie später einmal zur Berufsfeuerwehr, zur Polizei oder zur Bundeswehr möchten. Erfahrungen im Berufsleben sammeln Auch Laura Killemann hat sich nach der Schule für den BFD im THW-Landesverband von Sachsen und Thüringen entschieden, weil sie noch nicht genau wusste, was sie danach machen wollte. Sie wollte Erfahrungen im Berufsleben sammeln und interessierte sich sehr für Technik. Auf Empfehlung ihres Bruders landete sie dann beim THW. „Ich habe mich vorab im Internet belesen über das THW und da habe ich schon mal gesehen, was für Aufgabenbereiche die anbieten und das klang sehr interessant – die verschiedenen Bereiche: Verwaltung, IT, Medien, Technik“, berichtet sie. Nach dem BFD hat sich Killemann für eine Ausbildung zur Orthopädietechnik-Mechanikerin entschieden. Das THW habe ihr bei der Entscheidung sehr geholfen, sagt sie. Da sie im Rahmen des BFD in verschiedene praktische Tätigkeiten hineinschnuppern konnte, habe sie ihre Fähigkeiten zum Handwerk entdeckt und gleichzeitig festgestellt: „Verwaltung ist nicht so meins.“ „Der Anschluss sollte schon in trockenen Tüchern sein.“ Während ihrer BFD-Zeit konnte Killemann aber nicht nur praktische Erfahrungen sammeln, sondern sie wurde auch bei ihren Bewerbungen für den weiteren Lebensweg unterstützt, erzählt sie. Auch der Bufdi-Koordinator Kummer betont: Wenn der BFD ende, sollte der Anschluss im besten Fall bereits „in trockenen Tüchern“ sein. Die Bufdis würden daher auch in ihrer Berufsorientierung unterstützt. Er lege Wert darauf, für alle Bufdis in seinem Jahr einen „Rucksack zu packen, der einen dann für später weiterbringt“. Zum BFD gehören daher auch zahlreiche Bildungsangebote – von politischer, sozialer und kultureller Bildung bis hin zu praktischen Trainings. Allen Bufdis ermögliche man es aber, im Rahmen des BFD die THW-Grundausbildung zu absolvieren. Die könne man dann für später mitnehmen – sowohl als Erfahrung als auch als Qualifikation. Auch Fahrsicherheitstrainings, Erste-Hilfe-Kurse oder auch mal ein Staplerschein können im Rahmen des BFD absolviert werden. Die Bufdis gingen, wenn sie möchten, mit einem „ganzen Packen an Zertifikaten“ aus dem Jahr, erklärt Kummer. Das seien praktische und nachweisbare Erfahrungen, die für viele junge Lebensläufe bereichernd sein könnten. Auch zur Überbrückung ist der BFD eine gute Wahl Für Christian Seiler war es weniger die Unsicherheit über den weiteren Lebensweg, die zu einer Entscheidung für den BFD beim THW geführt hat, als vielmehr der Wunsch, den Zeitraum vom Ende der Schulzeit bis zur Ausbildung mit einer sinnvollen Tätigkeit zu füllen. „Ich habe mich relativ spät nach der Schule dagegen entschieden, direkt studieren zu gehen, weil ich dann doch eine Ausbildung machen wollte. Die Ausbildungsplätze für 2023 waren dann aber schon weg und ich konnte erst 2024 mit der Ausbildung beginnen. Da habe ich gedacht: Dann mache ich eben in der Zwischenzeit einen BFD.“ Christian Seiler macht jetzt eine Ausbildung zum Mechatroniker. Beim TWH habe ihn vor allem das Technische gereizt, berichtet er, „dass ich da fachlich viel lernen kann, was mir auch für die Ausbildung hilft. Dass ich da praktisch was machen kann, das hat mich interessiert. Und ich fand es spannend, das THW an sich darüber besser kennenzulernen, weil ich da auch nicht viel drüber wusste.“ Was macht ein Bufdi? – Vieles. Auf die Frage „Was macht denn ein Bufdi beim THW?“ geben uns alle drei dieselbe Antwort: Die Aufgaben seien vielfältig – so vielfältig wie die Bufdis selbst. Von 16-65 seien in den letzten fünf Jahren alle Altersklassen dabei gewesen, berichtet Kummer. Dann müsse man schauen – „Ist das jemand, der frisch von der Schule kommt und gern erstmal in verschiedene Tätigkeiten reinschnuppern und etwas lernen möchte? Oder ist es jemand, der kurz vor der Rente steht und gern einfach ein bisschen unterstützen möchte, zum Beispiel in der Verwaltung oder auch mal etwas Neues kennenlernen möchte als sein oder ihr bisheriges Berufsbild.“ Die Interessen und Fähigkeiten der einzelnen Bufdis spielen daher ebenso eine Rolle wie der Einsatzort, denn den BFD kann man sowohl bei der THW-Leitung, in den Landesverbandsdienststellen, in den Regionalstellen oder sogar bei den ehrenamtlich geführten Ortsverbänden absolvieren. Je nachdem, wo man landet, ändern sich die anfallenden Aufgaben, die Bufdis übernehmen können. Die Aufgaben reichen von Reparaturen und Geräteprüfungen über Fahrdienste und die Unterstützung bei Veranstaltungen bis hin zu Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltungsaufgaben – ein Interesse für Technik ist also nicht unbedingt notwendig, wenn man den BFD beim THW absolvieren möchte. Normale Arbeitstage und besondere Momente Der BFD-Tag sei wie ein normaler Arbeitstag ausgelegt, beschreibt Laura Killemann. „Man kommt morgens an, begrüßt die Kollegen, fragt, ob jemand Aufgaben für einen hat und ob man irgendwo helfen kann.“ Besonders im Gedächtnis geblieben ist ihr aber eine Aufgabe: „Wir haben am Ende des Bundesfreiwilligendienstes bei einem Landesjugendlager mit ausgeholfen, 2022 am Flughafen Leipzig-Altenburg in der Gemeinde Nobitz, und ich durfte bei der Vor- und Nachbereitung und der Durchführung mithelfen. Das war schön, das Ganze dort mal mit anzusehen und zu sehen, was für ein logistischer Aufwand dahintersteckt.“ Besonders gern erinnert sie sich an die glücklichen Gesichter der Jugendlichen, die beim Landesjugendlager ihr Leistungsabzeichen abgelegt haben. „An sich gab es keine zwei gleichen Tage“ Auch Christian Seiler beschreibt seine Aufgaben als vielseitig: „Einige Sachen haben sich schon wiederholt, aber an sich gab es keine zwei gleichen Tage, das war wirklich sehr abwechslungsreich.“ Während seines BFD war er in der Regionalstelle Bremen eingesetzt. Die Regionalstellen sind der Leitung und den acht Landesverbänden nachgeordnet. In der THW-Organisation gibt es 66 Regionalstellen. Jede Regionalstelle koordiniert dann wiederum etwa zehn Ortsverbände. Seiler war in der Regionalstelle Bremen unter anderem im „Prüfteam“ tätig. Dieses prüft jährlich in jedem der zehn Ortsverbände die Materialien. Etwa zwei Wochen lang war er so in jedem Ortsverband an der Prüfung beteiligt. „Das waren lange Tage“, erinnert er sich, da das Team morgens immer von der Regionalstelle zum Ortsverband gefahren sei und abends wieder zurück. In diesen zwei Wochen habe er viel vom Arbeitsalltag in den Ortsverbänden mitbekommen. Wenn er nicht gerade mit dem Prüfteam unterwegs war, waren seine Aufgaben vielfältig, erinnert er sich: „Man ist morgens angekommen und hat dann das gemacht, was anstand.“ Zu seinen Aufgaben gehörten neben der Geräteprüfung auch Materialfahrten – also Geräte von der Regionalstelle zu den Ortsverbänden bringen und umgekehrt, hier und da mal Excel-Tabellen programmieren, einen Aufnäher für die Ehrenamtlichen gestalten oder auch die Fahrzeugpflege: „Das stand jetzt nicht so oft an, aber gehört auch mit dazu, dass wir dann Sachen wie einen Reifenwechsel machen. Das war auch sehr interessant, weil ich das persönlich vorher noch nicht gemacht hatte. Es ist kein Hexenwerk, aber das war cool. Das sind so Sachen, die im Leben immer helfen, wenn man sie kann.“ Selbstständigkeit und Selbstbewusstsein Besonders im Gedächtnis geblieben ist Seiler der Moment, als er die THW-Grundausbildung abgeschlossen hatte – und seine Urkunde in den Händen hielt. Dreimal ist er für die Ausbildung für jeweils eine Woche ins Ausbildungszentrum nach Brandenburg an der Havel gefahren. Aber nicht nur durch technisches Wissen, auch persönlich habe der BFD ihn weitergebracht, sagt Seiler: „Dass man einfach viel selbstständiger wird, dass man Aufgaben selbstständig bearbeiten muss, dass man selbstständig irgendwo hinfährt, und etwas macht. Dass man viel selbstbewusster wird – sowas hat mir einfach für die persönliche Entwicklung viel gebracht.“ Den BFD in der Regionalstelle des THW kann Seiler sehr empfehlen, denn hier gab es immer etwas zu tun. „Es war schon ein komisches Gefühl, als es dann vorbei war“, sagt er heute, kurz nach dem Ende seines Freiwilligendienstes. Die Zeit habe ihm schon viel Spaß gemacht. Werden aus Bufdis später Ehrenamtliche? Wie viele Bufdis später als Ehrenamtliche beim THW blieben? Etwa die Hälfte, schätzt Kummer. Von den 73 Bufdis, die in den letzten fünf Jahren einen BFD in seiner Regionalstelle absolviert haben, haben sich ca. 80% zusätzlich als Ehrenamtliche in einem Ortsverband angemeldet. Etwa die Hälfte von ihnen ist auch über den BFD hinaus im Ortsverband geblieben. Für viele ist der BFD also tatsächlich der Einstieg ins Ehrenamt. Es sei aber natürlich auch in Ordnung, wenn man nach dem BFD nicht weitermachen wolle, betont Kummer. Die genaue Zahl derer, die nach dem BFD beim THW bleiben, sei nicht ganz einfach zu erfassen, weil viele nach dem BFD auch zum Beispiel fürs Studium in andere Städte umziehen und dann dort in einem THW Ortsverband weitermachen würden. „Das sehen wir jetzt tatsächlich immer wieder“, sagt Kummer, dass Helfende „aus anderen Städten zum THW kommen mit ihrer Qualifikation und sagen: Ich habe da und da meinen Bundesfreiwilligendienst gemacht und komme schon als fertiger Helfer zu euch“. Oder sie lernen das THW über den BFD kennen und haben dann zunächst andere Prioritäten wie Berufsfindung oder Familienplanung. Und wenn sie dann wieder mehr Zeit haben, dann steigen sie ehrenamtlich ein. Alles sei möglich. Gutes tun und dabei selbst glücklich sein Auch Laura Killemann ist nach dem BFD als Ehrenamtliche beim THW geblieben. Warum? „Ich habe gemerkt, dass ich etwas bewegen möchte, mit anpacken möchte und man spürt auch das Gefühl von Zusammenhalt beim THW und da wollte ich ein Teil davon sein.“ Warum auch andere den BFD in Erwägung ziehen sollten? „Man kann sich für das Allgemeinwohl in Deutschland einsetzen, lernt viele neue Menschen kennen und macht spannende Erfahrungen“, berichtet Killemann. Das THW ist für sie heute auch eine Art Familie geworden, die ihr in schlechten Momenten Halt gibt. „Ich kann in meinem Ehrenamt zugleich Gutes tun und dabei selbst glücklich sein, das motiviert mich“, sagt sie.
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  • | Interviews

    Im Interview mit Niklas Rückborn: Wie passen Ehrenamt und Unternehmen zusammen?

    Feuerwehrmann, Marketingspezialist – und zusammen mit seinem Team stolzer Preisträger des Förderpreises „Helfende Hand“ vom Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) : Im heutigen Gespräch verrät Niklas Rückborn uns, warum sein Arbeitgeber Dräger eine Kampagne für das Ehrenamt gestartet hat, mit welcher Idee sie die Jury des Förderpreises in der Kategorie „Unterstützung des Ehrenamtes“ überzeugen konnten und warum sich die Förderung ehrenamtlicher Arbeit für Unternehmen in jedem Fall lohnt.  Lieber Herr Rückborn, wie sind Sie zur Feuerwehr gekommen? Ich war bereits mit neun Jahren Gründungsmitglied der Kinderfeuerwehr. Danach ging es weiter mit der Jugendfeuerwehr und mit 16 Jahren dann in die aktive Einsatzabteilung – quasi ein „zweites Leben“. Aktuell bin ich unter anderem Atemschutzgeräteträger, Maschinist und Mitglied einer landesweiten Spezialeinheit für Wald- und Vegetationsbrandbekämpfung. Beruflich bin ich im Marketing für Feuerwehr und Behörden bei der Firma Dräger in Lübeck tätig. Wir stellen mit weltweit mehr als 16.000 Mitarbeitenden Produkte der Medizin- und Sicherheitstechnik her – beispielsweise für Krankenhaus und Rettungsdienst, für Bergbau und Industrie oder eben für die Feuerwehr. Mit welcher Idee konnten Sie die Jury des Förderpreises überzeugen? Dazu muss ich ein wenig ausholen: Im Bereich der Feuerwehr dreht sich viel um die „Interschutz“. Die Weltleitmesse für die Bereiche Feuerwehr, Rettungswesen und Bevölkerungsschutz findet alle fünf Jahre statt. In den zwei Jahren vor diesem Großereignis lag der Fokus eindeutig auf unseren Produktneuheiten, die wir während der Messe präsentiert haben. Wir möchten aber nicht nur unsere Produkte in den Markt bringen, sondern vielmehr unsere Kunden in ihrem täglichen Einsatz unterstützen. Wir wissen um die aktuelle und teilweise besorgniserregende Situation rund um die Feuerwehr. Was genau meinen Sie? Da wären zum Beispiel die Nachwuchsprobleme in den Freiwilligen Feuerwehren, aber auch die oftmals fehlenden finanziellen Mittel für einen eigenen Image-Videodreh, um neue Mitglieder zu werben. Gleichzeitig gibt es eine zunehmende Gewalt gegen Einsatzkräfte. All das hat uns dazu bewogen, eine Kampagne aufzusetzen. Sie soll die Feuerwehrkameraden und Feuerwehrkameradinnen ins Rampenlicht stellen. Unser Hauptziel war es, die Öffentlichkeit auf die wichtige Rolle der Feuerwehren, das Ehrenamt, aufmerksam zu machen und gleichzeitig eine Plattform zu bieten, auf der die Feuerwehren sich präsentieren und für ihre Arbeit werben können. Und was haben Sie in Ihrer Firma konkret unternommen? Wir haben passend zum Start der „Interschutz“ am 20. Juni 2022 die Kampagne „Dräger sucht Euch! Eure Leidenschaft im Rampenlicht!“ gestartet. Deren Kernidee: Die Feuerwehr und ihre Mitglieder durch die Darstellung ihrer Leidenschaft und ihres Engagements in den Vordergrund rücken. Wir haben eine Landingpage gelauncht und den Ehrenamtlichen zwei Fragen gestellt: „Warum bist Du bei der Feuerwehr?“ und „Was macht Deine Leidenschaft aus?“. Ihre Antworten konnten sie mitsamt Foto einreichen und somit in den Lostopf hüpfen. Die Resonanz auf die Kampagne konnte sich auch sehen lassen, oder? Ja! Die Kampagne lief insgesamt ein Dreivierteljahr, bis Februar 2023. In diesem Zeitraum sind 151 Bewerbungen eingegangen. Wer hat den ersten Platz belegt – und mit welcher Story? Es gab viele tolle Einreichungen. Den ersten Platz hat die Freiwillige Feuerwehr Grömitz gemacht. Sie hatten mit der Geschichte ihrer Befreiung aus der Pflichtfeuerwehr eine großartige Story eingesandt. Was bedeutet denn „Pflichtfeuerwehr“? Kommt eine Freiwillige Feuerwehr aufgrund mangelnder Mitgliederstärke nicht zustande – und kann in Folge dessen der Brandschutz nicht gewährleistet werden – werden Bürgerinnen und Bürger zum Feuerwehrdienst verpflichtet. Die Feuerwehr Grömitz hat es aber geschafft, sich relativ schnell, mit großem Zusammenhalt und verschiedenen Aktionen zur Mitgliedergewinnung aus dieser Pflichtfeuerwehr zu befreien – was wirklich Respekt verdient. Und was war der erste Preis? Ein professionelles Imagevideo: In diesem haben wir die Geschichte der Feuerwehr Grömitz nachgestellt – vom Einwurf des Briefes „Verpflichtungsbescheid Pflichtfeuerwehr“ durch einen Postboten bis hin zur Bildung einer coolen großen Truppe. Inzwischen hat das Video fast 40.000 Aufrufe auf YouTube, auch die Lokalpresse hat berichtet. So konnte viel Aufmerksamt für die Feuerwehr Grömitz generiert werden. Das hilft ihnen nicht nur bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Auch die Kameradinnen und Kameraden sind natürlich stolz auf das Ergebnis. War das ein einmaliges Projekt zur Unterstützung des Ehrenamts von Dräger oder gab es weitere Aktionen? Auf die Kampagne hatte sich auch eine Frauengruppe der Feuerwehr Marburg sehr eindrucksvoll beworben. Das haben wir zum Anlass genommen, das Thema Frauen bei der Feuerwehr – und die damit einhergehenden Vorurteile – zu thematisieren. Zu diesem Zweck haben wir Kurzvideos für Social Media gedreht. Ganz aktuell haben wir uns außerdem erneut dem Thema Nachwuchsförderung gewidmet. Im Juli hat die „XXIV. Internationale Jugendfeuerwehrbegegnung“ stattgefunden. Für dieses Event haben wir zusammen mit unterschiedlichsten Herstellern ein gemeinsames Sponsoring aufgesetzt. Wo sehen Sie für Unternehmen die Vorteile, ehrenamtliche Arbeit zu unterstützen – auch im eigenen Haus? Ein Engagement für die Gesellschaft wirkt sich auch positiv auf die Unternehmenskultur aus. Schließlich werden Werte wie Empathie, Gemeinschaft und Solidarität betont. Und wer als Arbeitgeber das Ehrenamt seiner Mitarbeitenden unterstützt, bekommt das in meinen Augen auf vielfältige Art und Weise zurückbezahlt. Man denke zum Beispiel an eine erhöhte Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung. Darüber hinaus bieten ehrenamtliche Aktivitäten wertvolle Möglichkeiten für Teambuilding und die Entwicklung von Führungsqualitäten. Insgesamt kann die Unterstützung von ehrenamtlicher Arbeit durch Unternehmen eine Win-Win-Situation darstellen, die sowohl der Gesellschaft als auch dem Unternehmen selbst zugutekommt. Es trägt zur sozialen Verantwortung des Unternehmens bei und stärkt die Gemeinschaft.
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  • | Gastbeiträge

    „Den helfenden Gedanken einpflanzen“ – im Gespräch mit Irene Hillger über die ehrenamtliche Arbeit mit Kindern

    Heute sprechen wir mit Irene Hillger. Sie ist seit 2001 beim Jugendrotkreuz, war zwölf Jahre lang Jugendkreisleiterin und hat bereits mit Hunderten von Kindern zusammengearbeitet. Mit dem DRK Heidelberg hat sie außerdem die „Schulanfängerwochen“ ins Leben gerufen, bei dem Vorschulkinder drei Wochen lang in verschiedene Blaulichtberufe hineinschnuppern können. Das Projekt wurde 2023 mit dem Förderpreis der „Helfenden Hand“ des Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) in der Kategorie „Nachwuchsarbeit“ ausgezeichnet. Im Gespräch verrät sie uns, wie es ist, ehrenamtlich mit Kindern zu arbeiten. Ob als Gruppenleiterin oder in der Organisation von Spiel- Spaß- und Sportveranstaltungen – die gelernte Kinderkrankenschwester Irene Hillger liebt es, Kinder und Jugendliche an die erste Hilfe heranzuführen. Jedes Kind hat schon mal einen Notfall erlebt „Schon im Kindergartenalter kann man anfangen zu helfen“, erklärt Hillger. Um den Kindern zu zeigen, wie das geht, geht sie mit dem DRK auch in Kindergärten und Schulen und spricht dort mit den Kindern. In kleinen Workshops zeigen sie den Kindern, was sie tun können, wenn es einem anderen Kind nicht gut geht – dass sie zum Beispiel nicht vorbeigehen und wegsehen, sondern hingehen und fragen, was passiert ist. „Wenn man nachfragt, hat jedes Kind schon einmal einen Notfall erlebt und konnte ein bisschen helfen“, sagt Hillger. Helfen könne für ein Kindergartenkind dann zum Beispiel schon damit anfangen, den Erzieher oder die Erzieherin zu holen oder das betroffene Kind zu trösten und in den Arm zu nehmen. Ersthelferinnen und Ersthelfer von Morgen Bereits ab 6 Jahren haben die Kinder in Raum Heidelberg die Möglichkeit, sich einmal in der Woche in einer Gruppe zu treffen und mehr über das Thema Erste Hilfe zu erfahren. Dort lernen sie zum Beispiel verschiedene Krankheitsbilder kennen – sei es der Hitzeschlag im Sommer oder die Unterkühlung im Winter. Sie sprechen durch, was alles so passieren kann und wie sie sich im betreffenden Fall verhalten können. So wird zum Beispiel auch einmal ein Sportunfall zusammen in der Gruppe durchgespielt. Schon im Grundschulalter können die Kinder so zu „Schulsanitäterinnen und Schulsanitätern“ werden, wenn sie möchten. Mit Sanitätsköfferchen und Warnweste auf den Pausenhof Diese Kinder sind im Schulalltag große Hilfen, weil sie in der Pause mit ihrem Sanitätsköfferchen und vielleicht auch einer Warnweste Ausschau halten und helfen, wenn sich ein Kind verletzt hat, erklärt Hillger. Je älter die Kinder werden, desto mehr können sie in der Schule natürlich auch helfen. An den weiterführenden Schulen sind die „Schulsanitäterinnen und Schulsanitäter“ dann teilweise nicht nur in der Pause Ansprechpersonen, sondern kümmern sich auch darüber hinaus um ihre Mitschülerinnen und Mitschüler, wenn etwas passiert. Sie unterstützen die Erste-Hilfe-Kraft in der Schule und kennen sich mit vielen Themen aus: Von Bauchweh über Schwindel oder Übelkeit bis hin zu Sportverletzungen. Einige der Kinder, die einmal bei Irene Hillger in der Erste-Hilfe-AG waren, grüßen sie noch Jahre später. Das freut sie immer: „Die scheinen immer noch eine gute Erinnerung an das Projekt zu haben“, sagt sie und lächelt. Drei Wochen lang Crashkurs in Blaulicht-Berufen Ihre ehrenamtliche Arbeit mit Kindern umfasst neben der Gruppenarbeit aber noch viele andere Tätigkeiten – zum Beispiel die Organisation eines jährlichen Zeltlagers mit über 100 Personen. Ein ganz besonderes Projekt sind seit 2016 auch die „Schulanfängerwochen“: Drei Wochen lang können zukünftige Erstklässlerinnen und Erstklässler vor ihrem Schulstart in verschiedene Blaulicht-Berufe hineinschnuppern und lernen, wie auch sie anderen helfen können. Das macht nicht nur den Kindern Spaß, sondern entlastet auch die Eltern, denn diese müssen zwischen Kita-Ende und Schulstart oft überlegen, wie sie die fünf Wochen überbrücken können. Im Rahmen der Schulanfängerwochen werden die Kinder vom DRK ganztagsbetreut, unternehmen Ausflüge zu den verschiedenen Hilfsorganisationen und lernen verschiedene Berufe und Tätigkeiten spielerisch kennen. Mehr als nur Pflasterkleben Meist startet das Programm mit einer Kennenlernrunde in den Räumlichkeiten des DRK, berichtet Irene Hillger. Weil das beim DRK dazu gehört, bekommen die Kinder dann am Anfang erstmal einen kleinen Erste-Hilfe-Kurs. Dort lernen sie, was Erste Hilfe ist, wie sie Pflaster kleben und Verbände binden können und wie sie zum Beispiel überhaupt mit Wunden umgehen sollten. Dann fahren die Kinder auf die Rettungswache und schauen sie sich den Rettungswagen und auch die anderen Fahrzeuge des DRK genau an, denn das DRK ist „mehr als nur Pflasterkleben,“ betont Hillger. Oft gehört auch ein Besuch der Rettungshundestaffel dazu, bei dem die Kinder lernen, wie die Hunde ausgebildet werden und wie sie zum Beispiel Menschen suchen. In einer Übung dürfen sich die Kinder im Park verstecken und von den Hunden gesucht werden – das ist immer ein großer Spaß. Feuer löschen, Gewahrsamszelle besichtigen und Boot fahren Auch in andere Blaulichtberufe dürfen die Kinder reinschnuppern. Ein Ausflug zur Feuerwehr gehörte bisher immer dazu, berichtet Hillger. Im Gerätehaus können die Kinder sehen, was so ein Feuerwehrmann alles anzieht und was in einem Feuerwehrauto so drin ist. Auch die Kübelspritze dürfen die „kleinen Feuerlöscher“ selbst in die Hand nehmen – „das ist immer eine super Aktion“, sagt Hillger. Beim Thema Blaulicht denken viele Kinder sofort an die Polizei, daher steht auch hier ein Besuch bei jeder Schulanfängerwoche auf dem Programm. In der Polizeistation in Heidelberg demonstriert ein Polizist für die Kinder, wie viele verschiedene Kleidungsstücke ein Polizist für unterschiedliche Anlässe im Schrank hat. Wenn die Zelle frei ist, dürfen sich die Kinder auch einmal die Gewahrsamszelle anschauen – das Polizeiauto natürlich auch. Wenn es zeitlich passt, steht außerdem ein Besuch beim THW oder der DLRG auf dem Programm. Beim THW können die Kinder dann zum Beispiel mit dem Greifer experimentieren oder bei der DLRG mit dem Boot fahren, die Taucherausrüstung untersuchen und lernen, wie man einen Rettungsring wirft. Pausen müssen auch mal sein Da man es mit Kindern zu tun hat, die gerade vom Kindergarten in die Schule wechseln, braucht es zwischendrin auch Pausen. „Wenn man drei Wochen lang jeden Tag einen Ausflug macht, dann merkt man auch, dann sind sie durch“, sagt Irene Hillger. Deshalb wird manchmal auch einfach in der Basisstation gebastelt oder die Betreuerinnen und Betreuer gehen mit den Kindern auf den Spielplatz, in den Wald oder auf einen Wasserspielplatz, wenn es heiß ist. Wenn kleine Gedanken groß werden Was bleibt von der ehrenamtlichen Arbeit mit Kindern? Werden aus den Kindern von heute später die Helferinnen und Helfer von Morgen? Irene Hillger fallen sofort Fälle ein, in denen Jugendliche vom Schulsanitätsdienst direkt in den Rettungssanitätsdienst gewechselt sind. Und manchmal würden aus ehemaligen Gruppenkindern später auch Ärztinnen und Ärzte: „Das gibt es immer wieder, dass wir den Gedanken klein einpflanzen und dann wird der groß und es werden Berufswünsche daraus“, sagt Hillger. Häufig kriege man natürlich nicht mit, was später einmal aus den Kindern werde, räumt sie ein, denn auch die, die später einmal ein Ehrenamt übernähmen, landeten ja nicht alle beim DRK, sondern manche auch beim THW, den Maltesern oder anderen Organisationen. „Man muss sich aber bewusst machen, dass wir in Kindern und Jugendlichen mit den kleinen Aktivitäten, die wir machen, trotzdem irgendwas bewirken,“ betont sie. Manchmal zöge man so den Nachwuchs fürs Ehrenamt heran, manchmal sei es aber auch „nur der helfende Gedanke, den wir da streuen und unterstützen“.
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